Glockenturmzwiebel

Ein Geburtstag ohne Geburtstag -  90 Jahre Freibad Neuenhagen


Unser Freibad wird im Jahr 2026 stolze 90 Jahre alt. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass bisher nirgends ein genaues Datum der Eröffnung gefunden wurde. Eigentlich war alles für die Eröffnung im Sommer 1935 vorbereitet gewesen doch bautechnische Unstimmigkeiten verhinderten das geplante Vorhaben. Hier die Geschichte dazu. Bereits im Jahr 1929 hatte sich der damalige Gemeindevorsteher Max Thormann an das ansässige Vermessungsbüro Schwanhäuser & Mahnke mit Bitte um eine Vermessung des Geländes am Fließ gewendet. Augenscheinlich bestand schon zu dieser Zeit die Idee, an dieser Stelle ein Freibad zu errichten. Steigende Einwohnerzahlen und günstige Umstände in den darauffolgenden Jahren lassen innerhalb der Gemeindevertretung den Gedanken an ein Freibad erneut aufkommen. Um sich über anfallende Kosten und den baulichen Aufwand ein Bild machen zu können fragt man in den Städten Belgard (heute Bialogard, Polen), Bunzlau und Göttingen nach und erbittet die Baupläne der dortigen Freibäder. Versuche die 1934 zum Bau erforderlichen finanziellen Mittel via Spenden und Darlehen zu bekommen schlagen fehl. Ein weiteres Angebot, das erste bezog sich auf die Voraussetzung, dass die Gemeinde die erforderlichen Erd- und Wasserarbeiten selbst ausführt, offenbart einen fast achtfach höheren Baupreis.

Ein Teil aus einer Bauzeichnung, Quelle: Archiv der Gemeinde Neuenhagen


Im Laufe des Jahres treten verschiedene Architekten mit Entwürfen für das Freibad an die Gemeinde heran. Einige Entwürfe zeigen Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken übereinanderliegend, andere wiederum in T-Form. Auch tritt die Firma Paul Binder mit einem nun um die Hälfte günstigeren Angebot zur Errichtung der Gesamtanlage an die Gemeinde erneut heran. Dennoch steht auch im August des Jahres 1934 immer noch die Frage nach der Aufbringung der Kosten im Raum. Neue Ideen gehen in Richtung Anteilsscheine für Spenden zu vergeben. Auch versucht man über die Engelhardt-Brauerei ein Darlehen in Höhe von 30.000 bis 35.000 Reichsmark zu bekommen. Die Anfrage wird mit der Begründung abgelehnt das die erfragte Summe in keinem Verhältnis zum erwartenden Umsatz stünde.

Im März 1935 beschließen die Gemeindevertreter die Vergabe der Arbeiten zur Errichtung des Beckens an die Baufirma Schaale & Weisse aus Berlin-Zehlendorf. Die Errichtung der Sanitäranlagen gehen an den ortsansässigen Installateur Hans Theobald. Weitere Beteiligte Firmen aus Neuenhagen sind das Baugeschäft Wilhelm Siemroth und der Klempnermeister Max Niether. In der Gestaltung der Anlage einigt man sich auf den Entwurf der Architekten Dr. Ing. Max Säume und Dipl. Ing. Günther Hafemann. Deren Entwurf, dieser wurden immer wieder überarbeitet und angepasst, zeigt das Aussehen des Freibads so wie es fast jahrelang bestand. Die Anordnung von Schwimmerbecken und Planschbecken sind wie zu DDR-Zeit, nicht umgesetzt ist jedoch das Vorhaben das Nichtschwimmerbecken separat auszuführen und nach dem Planschbecken in Richtung heutigen Rosa-Luxemburg-Damm zu errichten (siehe Abbildung der Bauzeichnung).

Freibad um 1939, Quelle: Archiv Kai Hildebrandt


Stattdessen entscheidet man sich für die preiswertere Variante und teilt das eine Schwimmerbecken für Schwimmer und Nichtschwimmer auf. Als Eröffnungstermin avisiert man den 7. Juli 1935. Jedoch wie so oft kommt alles ganz anders. Hohlklingende Stellen, genaugenommen sind es 14 bei einem Zehntel des Beckens, sorgen bei der Bauabnahme für Zweifel an der richtigen Verdichtung und deuten auf Baumängel hin. Die Ausführende Firma erhöhte damals ohne Einwände ihre zweijährig festgelegte Garantie auf vier Jahre.

Dennoch findet die geplante Eröffnung nicht statt. Streitigkeiten um die Bezahlung des Tiefbrunnen, Nachprüfungen der Unterlagen und des Baus ziehen die Fertigstellung in die Länge. Sachverständige, Gutachten und Schriftverkehr ziehen sich Jahre nach der Eröffnung hin.

Freibad um 1940, Quelle: Archiv Gemeinde Neuenhagen bei Berlin

Wann genau das Bad 1936 eröffnet wurde ist nicht überliefert. Weder in den Chroniken noch in vorhandenen Unterlagen wurde dieser Termin bisher gefunden. Einzig der Hinweis, dass der damalige Bürgermeister in Vertretung, Willy Kamin, auf die Behebung der Mängel bis zum 22. Mai 1936 drängt, grenzt den Termin etwas ein. Den Krieg, so die Unterlagen, übersteht das Bad ohne größere Schäden. Lediglich die Holzbauten in den sich die erforderlichen Nebenanlagen wie Umkleideräume, Toiletten, Kassen und Erfrischungsbereich befinden (siehe die letzten beiden Fotos), fallen der Nachkriegszeit zum Opfer und verschwanden. Auch verkommt die Anlage kurz nach Kriegsende, aber das ist eine Geschichte für die Fortsetzung. Zum Schluss noch eine kurz statistische Übersicht aus den fünfziger Jahren.

 

 

Fakten zum Freibad Neuenhagen
Größe des Beckens, 50m x 25m
4 Startblöcke, 4 Einstiegsleitern
Umlaufende Fußwaschrinne 30cm breit
Tiefe: Schwimmer 1,90 m, Nichtschwimmer 1,35 m, Sprunggrube 3,50 m
Planschbecken: Durchmesser 15m, Tiefe 0,50 m
Wasserfläche: 1.300 qm
Grundstück: 47.000 qm
4 Wettkampfbahnen
Sprunganlage: 3m Zementturm (mit Brett), 2 x 1m Sprungtürme (Beton)
Fassungsvermögen: Becken ca. 200 Personen, Liegewiese ca. 3.000 Personen

Datenquelle: Stand Mitte der 1950er Jahre aus Prüfbericht und Inventurliste