Glockenturmzwiebel  

Die grüne Oase in der Rudolf-Breitscheid-Allee


Wohl kaum einer, der den Hellpfühle-Park an der Rudolf-Breitscheid-Allee besucht, ahnt von der langen Geschichte, die dieser Platz verbirgt. Dieser Ort ist wohl die letzte grüne Oase bei zunehmendem Lärm der Landesstraße. 

Ein Überbleibsel aus der letzten Eiszeit bei der, so der ehemalige Ortschronist Dr. Erich Siek: „Schon der Name der Teiche deutet auf ihre Entstehungsgeschichte hin. Helle oder Hölle bedeutet im Mittelniederdeutschen so viel wie ‚tiefeingeschnittener Grund‘“. Unschwer ist das noch heute erkennbar. Beide Teiche liegen in einer Senke. Auch berichtet Dr. Siek von der vermutlich ersten urkundlichen Erwähnung beider Teiche im Jahre 1665 im Amtshausbuch der Reichsfreiherren von Schwerin. Kartographisch findet man sie das erste Mal 1722 auf der Ortskarte von Albers und Behr. 

Lange Zeit spielen sie wahrscheinlich keine große Rolle in der Ortsgeschichte. Mit Sicherheit zum Fischfang genutzt, liegen beide Teiche eingebettet zwischen Feldern, die damals das umliegende Gelände prägten. Später werden sie als Bleichplatz für Weißwäsche – das Entfernen von Flecken und Vergilbungen durch Sonnenlicht – genutzt. Weitere Einnahmen bringen die Fischerei-Verpachtung, Nutzungsrechte für das Eis im Winter, welches für die Kühlräume benötigt wird. Auch verpachtet man die Grünflächen zur Gewinnung von Viehfutter oder die Wasserflöhe als Fischfutter an Zooläden. 

Hellpfühlepark im Jahr 1927 (Archiv Kai Hildebrandt)

Mit der Besiedlung der Gartenstadt, also des Geländes oberhalb der heutigen Rudolf-Breitscheid-Allee, plant man die Schaffung mehrerer Grünflächen. Im Jahr 1910 beantragt die Allgemeine Bau- und Ansiedelungsgesellschaft die Herstellung einer Schmuckplatzanlage an den Hellpfühlen. Genehmigt wird der Antrag mit den Bedingungen, dass der Park binnen eines Jahres herzustellen, fünf Jahre in gutem Zustand zu halten und dann der Gemeinde kostenlos zu überlassen ist. Am 1. November desselben Jahres genehmigt die Gemeindevertretung die Anlegung. Anscheinend ging der Bau damals nicht so schnell von statten. 1911 wird die Verlängerung der Frist für die Anlegung des Platzes verweigert. 

Interessant sind die Ansichtskarten aus den Jahren um 1925 die den Platz zeigen. Wenig Wasser und keine Bäume. Auch ist die Größe des Platzes mehrfach überdacht worden. Mal reicht der Park bis zur Parkstraße, ein anderes Mal ist der Bereich an der heutigen Rudolf-Breitscheid-Allee für Parzellierungen vorgesehen. Der Bereich an der Dahlwitzer Straße soll für Gemeindezwecke vorgehalten werden. Letztendlich bekommt die geplante Anlage seine heutige Form. 

Hellpfühlepark im Jahr 1929  (Archiv Kai Hildebrandt)

Eine große Veränderung tritt 1929 ein, als die Gemeindevertreter 10.000 und wenig später sogar 19.000 Reichsmark für die Anlegung eines Platzes an den Hellpfühlen bewilligen. Im geplanten Vorhaben, das durch ausgesteuerte Erwerbslose im Rahmen eines Arbeitsbeschaffungsprogramms ausgeführt wird, soll der komplette Park umgestaltet werden. Neben der Bepflanzung mit Sträuchern werden Wege angelegt, es entsteht die Verbindung zwischen den beiden Teichen, über welche bis heute eine kleine Brücke führt. Im Juni 1932 werden schließlich die Drahtzäune entfernt, die das Betreten während der Arbeiten unterbanden und der Park seiner Bestimmung übergeben. Als Zierde werden vier Schwäne auf dem Teich ausgesetzt, die zusammen mit einem kleinen Häuschen die Anlage aufwerten sollen. Mitte der dreißiger Jahre wird auch der Park von der Umbenennungsflut der Nationalsozialisten nicht verschont. Aus Hellpfühle wird Adolf-Hitler-Park. Mit der Errichtung des Freibades erlischt dann auch das bis Dato geduldete Baden in den Teichen. Anfang der 1940er Jahre entsteht die an der Hohen Allee befindliche Trafostation. Sie enthält zudem einen Raum für Arbeitsgeräte. Ihr angeschlossen ist eine Bedürfnisanstalt, also eine Toilette. Der mittlere Teil des Gebäudes enthält einen Durchgang. 

Die Toilette verschwindet in den 1950er Jahren. Während der Sommer die Teiche von nun an ruhen lässt, bringt der Winter ein alljährliches Spektakel. Kaum, das die Teiche eine betretbare Eisschicht haben, wird emsig der Schnee von der Eisfläche entfernt und die Saison der Schlittschuhe, Eisgleiter und Eishockeyspieler beginnt. Selbst eintretende Dunkelheit bremst die Enthusiasten nicht. Mitgebrachte Kerzen werden in die Schneehaufen gesteckt und hüllen die Eisfläche in ein malerisches Licht. 

Hellpfühlepark im Jahr 1930  (Archiv Kai Hildebrandt)

Nach dem Einmarsch der Roten Armee wird der Park von den Soldaten als Badeanstalt genutzt. Zum einen der Teich selbst, zum anderen sind es aufgestellte Badewannen. Es ist aber auch der Fluchtbereich jener Rotarmistinnen, die zur Verkehrsregelung eingesetzt sind. Erkannte jene Dame die Ausweglosigkeit ihres Handelns und den nahenden Unfall, flüchtete man sich in den Park und wartete die Katastrophe ab. Auch als Schwimmplatz für die Reifen, die man im ehemaligen Lager der Firma Wilhelm Heidik in der Straße Am Friedhof fand, hatte der Teich Verwendung. 

Nach 1970 wird der Durchgang an der Trafostation zugemauert und nach dem Wegfall des Gemüseladens in der Rudolf-Breitscheid-Allee kommt die Baracke, die vorher im Westring stand, an jenen Standort, der sich in vielen Erinnerung der benachbarten Kinder festgesetzt hat. Gibt es doch dort das damals beliebte 0,30 und 0,45 Pfennig-Eis. Manche abgegebene Pfandflasche finanzierte den Eiskauf. 

Um 1984 entstehen Pläne zur Umgestaltung der Anlage. Eine Terrasse auf der Rückseite des Gemüseladens zum Eisverzehr, eine Rollschuhfläche, Sitzecke mit Pergola, Entenhaus und Fontaine sowie eine Beleuchtung des Parks sind geplant. Realisiert wird die Umgestaltung nur zur Hälfte. 1985 verschwindet auch die Verkaufsbaracke und wird durch einen massiven Bau ersetzt. Im Juni 1986 eröffnet die „Fruchtquelle“ unter der Leitung des Ehepaares Spangenberg dort ihr Geschäft. Im Jahr 1987 werden die halbfertigen Tischtennisplatten, die an der Ecke zur Hohen Allee ihren Standort haben, durch die Jugendlichen komplettiert und ausgiebig genutzt. Auf der Fläche neben der Hausnummer 62 entsteht ein Kinderspielplatz. 

Hellpfühlepark im Jahr 1941  (Archiv Kai Hildebrandt)

Nach der Wende verschwinden all diese Sachen wieder. Auf dem ehemaligen Kinderspielplatz gibt es dann kurzfristig einen Laubsammelplatz. In den Zweitausendern versucht man dann wieder dem Platz ein neues Gesicht zu geben: Spielplatz, Modulgarten und eine Umgestaltung mit Aktivbereich, Spielbereich und Gewässerbereich wurden geplant und umgesetzt. Im Jahr 2001 verschwindet auch die Fruchtquelle und die Trafostation. Letztendlich sollte der Park aber nur eines sein: Rückzugsort für heimische Tiere, für vom Lärm geplagte Einwohner, Kinder, die den Spielplatz nutzen und als Blickfang auf die Natur, die immer weiter verschwindet und als Ruhepol in der lauten und hektischen Zeit. 

Ein prägendes Bild noch zum Abschluss: Wohl jeder der Anwohner rund um den Park erinnert sich an die große Pfütze, die sich nach ergiebigen Regenfällen am Park bildete. Erstaunlich ist hierzu ein Artikel aus dem Verwaltungsbericht der Gemeinde des Jahres 1920. In dem es heißt: „Hochwasser hat im Jahre 1920 die Hellpfühle aus ihrem Bett treten lassen und den ganzen tiefer liegenden Teil an der Dahlwitzer Straße bis zur Lindenstraße unter Wasser gesetzt.“

Hellpfühlepark Mitte der 1980er Jahre (Archiv der Gemeinde Neuenhagen bei Berlin)