Nachruf von Siegfried Wagner  

Mit der Heimat verbinden


Verbunden mit der Verpflichtung zum sorgsamen Umgang hatte Dr. Erich Siek sein Archiv vor drei Jahren der Gemeinde übergeben. Mehr noch, er hoffte immer auf ein von der Gemeindevertretung zu verabschiedendes Konzept für die Ortschronik. Seiner Meinung nach müsse klar sein, wie Informationen aus Gegenwart und Vergangenheit gesammelt und in welcher Struktur sie bewahrt werden. Am Ende gehe es dennoch nicht um Wissenschaft, sondern um das Fördern der Heimatverbundenheit. „Die Leute zum Nachdenken und zum Lachen zu bringen“, lautete sein Credo.

Es ist die Liebe zu Büchern, die den beruflichen Weg des gebürtigen Potsdamers bestimmen. Dabei hätte sein Leben schon früh zu Ende sein können. Jahrgang 1927, wird er 1944 zur Infanterie eingezogen. Als Erich Siek diese Zeit überstanden hatte, ist für ihn klar: „Ich nehme nie wieder eine Waffe in die Hand“.

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Nach dem Krieg erwirbt er in seiner Heimatstadt die Hochschulreife und steht nach einem dreiwöchigen Lehrgang als Neulehrer selbst vor einer Schulklasse. Nach zwei Jahren hängt er diesen Beruf an den Nagel und belegt einen Lehrgang Bibliothekswesen. Mit dem Abschluss in der Tasche tritt er eine Stelle als Betriebsbibliothekar in Stalinstadt, dem heutigen Eisenhüttenstadt, an. 1952 folgt er dann dem Ruf ins Zentralinstitut für Bibliothekswesen in Berlin. Er geht in die Wissenschaft, nimmt eine Stelle als Assistent an, promoviert. Erich Siek arbeitet nun in Berlin, erhält aber dort keine Wohnung. Noch gilt eine Zuzugssperre für die DDR-Hauptstadt. In Neuenhagen ergattert er zusammen mit seiner Frau Hannelore ein möbliertes Zimmer, später eine Wohnung.

Dem Neubeginn im Zuge der Deutschen Einheit muss sich Erich Siek nicht mehr stellen. Er geht in Rente. War Neuenhagen bis dahin vor allem seine Schlafstadt, hat er jetzt Zeit. In der Bibliothek trifft er auf einen kleinen Kreis Geschichtsinteressierter. Er lernt auch noch den einstigen Bürgermeister und langjährigen Ortschronisten Erich Bischof kennen. Leider zerstreut sich der Kreis der Interessierten wieder. Weil er sich weiter der Ortsgeschichte widmet, Quellen sammelt, in persönlichen und betrieblichen Archiven stöbert, bekommt er schnell den Titel Ortschronist zugeschrieben. Drei Jahrzehnte lang füllt er diese Rolle aus, schreibt regelmäßig im Neuenhagener Echo, veröffentlichte 2001 gemeinsam mit dem einstigen Schuldirektor Günter Voigt „Streifzüge - Neuenhagen gestern und heute“, hält Vorträge, trägt zu Ausstellungen bei und vieles mehr. Mit 97 Jahren ist Dr. Erich Siek im Juli verstorben.

Autor: Siegfried Wagner war Redakteur des Neuenhagener Echos und hat Dr. Erich Siek zuletzt im Jahr 2024 für ein Kurzportrait des langjährigen Ortschronisten getroffen